Auszeichnung für “Soziale Natur” durch Vereinte Nationen

Der von uns initiierte Gemeinschaftsgarten “Stadtacker Wagenhallen” erhält eine Auszeichnung der Vereinten Nationen, im Rahmen der UN-Dekade der Biologischen Vielfalt. Im Sonderwettbewerb “Soziale Natur” erhielten wir eine Auszeichnung für unsere Bemühungen, für den Erhalt und die Erlebbarkeit der biologischen Vielfalt im urbanen Raum Stuttgarts.

Projektvorstellung auf der Webseite der UN-Dekade

Der Stadtacker an den Wagenhallen in Stuttgart-Nord ist eine gelebte Vision nachhaltigerer Lebensweisen. Entstanden ist das Projekt aus der Motivation einiger befreundeter Architekten und Landschaftsarchitekten, die gängige Praxis der Stadtplanung von oben herab umzukehren und von unten heraus, als Bürger Stuttgarts, selbst öffentlichen Raum zu generieren. Dieser optimistische Antrieb hat schnell viele Unterstützer, Förderer und begeisterte Gärtner angezogen, die aus den ersten Sonnenblumen ein Projekt mit überregionaler Strahlkraft erschaffen haben. Mitten in Stuttgart beackern knapp 90 aktive Stadtgärtner eine Fläche von über 3.000 Quadratmetern, mit 50 Parzellen und hauchen der ehemaligen Brachfläche mit 30 neugepflanzten Bäumen, fünf Gewächshäusern, zwei Geräteschuppen, einem Wohnwagen, einem Teich und einem Gemeinschaftspavillon mit Aufenthaltsbereichen im Freien neues Leben ein.

Das Gartenprojekt ist vollständig durch eigene und Spenden von Dritten finanziert und wird genährt von den „Abfallprodukten“ der Stuttgarter Überflussgesellschaft. Der Ackerboden wurde als Abraum einer Baustelle auf den Fildern auf die Brachfläche an den Wagenhallen gebracht. Die Geräteschuppen entstammen dem ehemaligen Info-Pavillon der K21-Bewegung. Auch die Gewächshäuser sind, im Rahmen einer Lehrveranstaltung der Universität Stuttgart, vollständig aus recycelten Fenstern, Paletten und anderen Resten Stuttgarter Baustellen erbaut worden. Die Gießwasser-Tanks werden vom Dachwasser der Arbeiter-Wohncontainer der Tunnelbau-Arge (Stuttgart 21) gespeist.

Der Gemeinschaftsgarten hat eine inkludierende Grundhaltung, die es allen Interessierten möglich macht, Teil der Gemeinschaft zu werden und sich in die Erschaffung dieser urbanen Utopie einzubringen. Regeln werden ersetzt durch eine Liebe zur Natur und zum Leben, sowie durch gegenseitigen Respekt und Kommunikation. Wir erforschen und experimentieren mit einer ungezwungenen Selbstorganisation, bei der jeder Teilnehmer dazu angehalten ist seiner Kreativität und schöpferischen Kraft freien Lauf zu lassen. Dabei versuchen wir von der Schwarmintelligenz unserer Bienenvölker (Bienenschutz Stuttgart e.V.) zu lernen. Zusammengehalten wird das Projekt durch gemeinsame Wertvorstellungen und Freundschaften.

Die Freude am Gärtnern und die gemeinsame Fürsorge bringen Immigrantinnen, Arbeiter, Studierende, junge Familien, Handwerker und Akademikerinnen verschiedener Generationen auf einen Nenner. Nicht nur für Immigranten ist der Stadtacker ein wichtiger Ort der Integration, auch für neu zugezogene und alteingesessene Stuttgarter ist der Stadtacker Wagenhallen ein wichtiger Kondensationspunkt sozialen Lebens geworden. Hier wird nach Feierabend gemeinsam gegärtnert, geimkert, gegrillt und philosophiert. Die einzigartige Atmosphäre vor Ort und der aufblühende Spirit laden dazu ein, Sorge und Stress nach der Arbeit in der fruchtbaren Erde des Stadtackers zu begraben.

Der auslaufende Pachtvertrag bzw. zukünftige Bautätigkeiten lassen uns im Ungewissen über die Zukunft des Projekts. Doch die positiven Erfahrungen und Freundschaften, die bei der Genese des Ortes entstanden sind, werden fortbestehen und die optimistische Kraft neuer Denk-, Handels- und Wirtschaftsweisen wird auf andere Orte Stuttgarts übertragen.